Märkische Oderzeitung / Barnim Echo Eberswalde / 25. Mai 2009
Backstage mit Bernd Eggeling
Mehr als tausend Gäste trafen sich an vier Jazzabenden in Eberswalde
Nein, Bernd Eggeling trug keine Schweineohren im Haar. Das war die Schweizer Sängerin Erika Stucky. Er bespielte die Saiten seines Instruments auch nicht mit einem Milchschäumer. Das machte der finnische Gitarrist Kalle Kalima. Eggeling lautmalerte weder wie ein Kanarienvogel noch wie ein Pfurzkissen ins Mikrofon, benutzte dieses auch nicht als elektrischen Rasierapparat. Das überließ er dem Holländer Jaap Blonk. Er verzichtete hinter der Bühne auf Flirts mit der Pianistin Aki Takase. Die wären ihm auch schlecht bekommen, denn die Japanerin wurde von ihrem Ehemann Alexander von Schlippenbach nach Eberswalde begleitet. Der berühmte Jazzmusiker hatte am Sonnabend spielfrei und mischte sich unter die mehr als 250 Besucher am großen Partyabend von „Jazz in E.“.
Bernd Eggeling dagegen musste arbeiten. Der einheimische Bassist hatte mit seinen Kollegen vom „R&B Collegium“ den Abschlussabend im Paul-Wunderlich-Haus zu eröffnen. Dies – inmitten internationaler und nationaler Stars - der Eberswalder Traditionsband zu übertragen, war mehr als eine schöne Geste von Festivalchef Udo Muszynski. Die Band ist 21 Jahre älter als das Eberswalder Jazzfestival, bei dessen erster Auflage, 1995, sie den Frühschoppen begleitete. 1996 dann trat Eggeling mit „Strings meet Brass“ beim zweiten Festival in der legendären Garage auf. Dieses Konzert – und der Auftritt im Westberliner Jazzclub „Quasimodo“ 2 Tage nach dem Mauerfall – bezeichnete er bislang als die Höhepunkte in seinem Musikerleben. Am Sonnabend dürfte einer hinzugekommen sein. Mit flockigem Swing brachte das R&B Collegium von Anbeginn Geburtstagsatmosphäre ins überfüllte Glasfoyer. Mehr als vier Stunden drängten sich die Gäste durchs Haus und ein hochklassiges Programm. Keine Spur vom Fremdeln mit dem Jazz. Und wer beim Hören der noch nicht vertrauten Klänge Assoziationsprobleme hatte, bekam von zugewandten Musikern Verständnishilfe. Der Bassklarinettist Rudi Mahall benannte ein Stück kurzerhand um in „Von Hohenfinow nach Niederfinow und zurück“ – und gab ein Handzeichen an der Stelle, an der er und Aki Takase den Rückweg einläuteten. Die aus fünf Ländern rekrutierten „Les Haferflocken Swingers!“ dürften nach ihrem heftig umjubelten Auftritt – am Vormittag waren sie auf dem Marktplatz noch etwas verhallt – künftig auch wissen, wo Brandenburgs Jazzmetropole liegt. Ebenso wie die in den USA aufgewachsene Schweizerin Erika Stucky, die zwei Tage zuvor noch Orientierungsprobleme hatte und Eberswalde im „Kanton Franken“ verortete. Das nahm der Weltbürgerin keiner übel, bot sie mit ihrem Auftritt nach Meinung vieler doch den überragenden Höhepunkt des Festivals.
Vielleicht lag es ja auch mit an den erotischen Bildern von Paul Wunderlich und Karin Székessy im Künstlerbereich, dass dieses Jazzfest ein so lebendig pulsierendes wurde.
Man sollte Bernd Eggeling fragen.
(Thomas Melzer)
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