jazz in e.

Ein Festival aktueller Musik. Jedes Jahr zu Himmelfahrt. In Eberswalde.

Rezensionen 2001


Märkischen Oderzeitung, 29. Mai 2001
Der Jazz findet sein Publikum
7. Eberswalder Jazzfest mit 400 Zuhörern / Zeitgenössische Szene findet sich ein
"Jazz in E." - der Name steht für anspruchsvollen zeitgenössischen Jazz. Er steht für einen Ansatz, kulturelles Leben, einen kulturellen Alltag zu etablieren in einer Region, deren Bewohner oft nach Berlin schauen, wenn sie Abwechslung, Unterhaltung, Neues suchen. Und der Name steht für Erfolg. Kein Erfolg, der sich im finanziellen Ertrag niederschlägt. Darum geht es nicht in erster Linie. Es ist ein Erfolg, den Udo Muszynski, Organisator der Eberswalder Jazzfesttage, den Gesichtern des immer größer werdenden Publikums abliest: "Die Zuhörer sind sehr aufmerksam. Sie sind äußerst interessiert und suchen sich genau aus, was sie hören wollen." Zu der 7. Ausgabe des Festivals kamen jeden Abend durchschnittlich 100 Besucher - auch aus Schwedt, Angermünde, dem Oderbruch und sogar aus Berlin. Sie wählten aus einem Programm, das nicht einfach war und auch gar nicht sein soll. Sechs Combos spielten am vergangenen Wochenende. Ob während der musikalischen Intimität einer Kammerkonzert-Umgebung in der St-Georgs-Kapelle, in der verrauchten Klub-Atmosphäre der "Garage" oder beim kommunikativen Frühschoppen im Quartier No. 7 - stets stand die Musik an erster Stelle. Zum ersten Mal gewährte eine polnische Band Einblick in die Szene des Nachbarn. Anna Zahradny, Robert Piotrowicz und Jacek Majewski entwarfen eine Welt der Klänge, die kaum an traditionellen Jazz erinnerte. Nils Wogram, Lömsch Lehmann, Frank Wingold und Sebastian Gramss von "Sebastian Gramss Underkarl" nahmen hingegen Bezug auf populäre Musik nur, um sie bewußt zu zerlegen und wieder zusammenzufügen. Die beiden Gruppen zeigen die Bandbreite auf, die sich hinter Etiketten wie "Free Jazz" oder zeitgenössischem Jazz verbergen kann. Muszynski geht es auch darum, "verschiedene Stimmen mit ihren unterschiedlichen Ansätzen an einem Wochenende zu hören". Nur unoriginell dürfen die Beiträge nicht sein. Nicht rein traditionell ohne eigene Ideen. Inzwischen kann er aus hunderten Bewerbern wählen. Die Szene schätzt das kleine, professionell organisierte Klub-Fest. Muszynski geht nach wie vor auf 90 Prozent der Musiker selber zu. In Zukunft möchte er sich intensiver in den osteuropäischen Staaten umhören. Dabei aber die Szene in Deutschland nicht vergessen. "Hier wird viel zu sehr nach Amerika geschaut. Dabei wird so viel übersehen", ärgert er sich und erzählt von großen DDR-Jazzern wie den Pianisten Ulrich Gumpert und die Bauer-Brüder Conny (Posaune) und Johannes (Posaune). Sie alle waren bereits Gäste bei Eberswalder Konzertreihen. Und in Zukunft? Da kann sich einiges entwickeln, aber das braucht Zeit. Ein Konzert an einem zusätzlichen Abend in größerem Rahmen etwa könnte gespielt werden. Das Publikum wird sich wohl finden. Das Geld fehlt. Aber "Jazz in E." hat Zeit zu wachsen. (Nadine Voß)

top
zur Übersicht