jazz in e.

Ein Festival aktueller Musik. Jedes Jahr zu Himmelfahrt. In Eberswalde.

Rezensionen 1999


Märkische Oderzeitung vom 29. Mai 1999
"Was hat nun Jazz mit Kino zu tun? Die Gäste der gefüllten Kleinen Konzerthalle konnten am Donnerstagabend hören und sehen, wie Uwe Oberg am Flügel Bild und Musik zusammenführte. ... Bereits das angekündigte Programm verhieß Spannung: Drei französische Avantgard-Stummfilme der 20er Jahre und Jazz. Aus einer Generation stammend, der durch vorgesetzte Dialoge im Kino die Kreativität der eigenen Bildinterpretation abgenommen wird, wirkten die Filme zunächst ungewohnt. Zum einen provozierte die "Muschel und der Priester" (1928) durch eine eigentlich unmögliche Priesterliebe. Oberg nimmt jede Szene, Mimik oder die Details auf und erzählt durch die Stimme des Flügels seine Geschichte. Immer wieder entlockt er dabei dem Instrument ungewohnte Klänge, der er weit in das Instrument hineingebeugt, erzupft, erstreicht oder einfach durch die Tastatur anschlägt. Die Bewegung als Ausdruck eines neuen Zeitalters versetzt im aufregend rasanten "Spiel der Spiegelungen und Geschwindigkeiten" (1923) in den dynamischen Sog der Großstadt. An der Metro huscht der Eifelturm vorbei, ehe sie mit rauschenden Wogen mitten in die seine rast. Der cineastische Leckerbissen gewinnt durch die Musik Obergs noch mehr Räumlichkeit und Energie. Schließlich kommt der dritte Film "Mechanisches Ballett" (1924) ganz ohne Handlung aus. Mit technischem Raffinessen gespiegeltes Blechgeschirr wird ebenso blechern vertont, die Gegenstände drehen sich, fangen durch kürzeste Schnitte an, miteinander zu tanzen. Als hörten sie die Musik des Flügels, der sehr viel Farbe in diesen Schwarz-Weiß-Klassiker bringt. Es bereitet Freude: Nur hinschauen. Und hinhören. Applaus dem Musiker Uwe Oberg und den verblichenen Filmemachern aus alten Zeiten. Eine Pause lädt vor der Kapelle zum Weintrinken, Meinungsaustausch und zur Vorfreude auf den zweiten Teil des Abends: Oberg am Solopiano. Seine Stücke spiegeln einen wahrlich avantgardistischen Jazz wieder, mit Präzision am Piano und ausschweifenden Improvisationen der Stücke. Herausforderungen für den Pianisten, den vielseitig bespielten Flügel und die Zuhörer. Sie wurden mit Erfolg gemeistert. Nach zwei Zugaben fiel der erste Vorhang für einen gelungenen Auftakt des 5. Jazz in Eberswalde." (Steffen Bohl)

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