Märkische Oderzeitung vom 31. Mai 1999
"Ein unscheinbares grünes Schild leuchtet an der Eisenbahnstraße 20
seine Lettern "Garage" in die lauen Eberswalder Nächte. Kenner
wissen, daß hinter diesem kleinen Licht ein für den Nordosten
berlins maßgebendes Podium für Jazz und anderer handverlesener
Live-Musik leuchtet. Der "5. Jazz in E." rief in der Freitag- und
Samstagnacht zu ganz besonderen Musikereignissen in den
unscheinbaren Hinterhof. Ganz passend spielten dann am Freitagabend
"GaragenJazz" aus Berlin auf. Ein fröhliches Trio aus jungen
Musikern, deren hang zu Musikergrößen á la Carlos Santana und eher
rockigem Jazz unüberhörbar ist. es bereitete Freude, wie die
Musiker diese guten, alten Themen zu einer quirligen Jazzmischung
aufpolierten. Kurze Acapella-Einlagen ließen schnell die Stimmung
steigen. Als bei der Zugabe die Musiker spontan die Instrumente
wechselten, war der Spaß perfekt. Den zweiten Höhepunkt setzten
"das Rosa Rauschen" - ein Kölner Quartett mit ganz besonderen
Qualitäten. Neben dem Saxophonisten Felix Wahnschaffe stand John
Schröder an der Gitarre, den das Eberswalder Publikum eigentlich
als versierten Drummer aus vergangenen Jahren in Erinnerung hat. Um
so erstaunlicher wirkte seine unbändige Energie, mit der er
Aberhunderte von Noten in ungeahnt schnellen Taktfolgen den Saiten
entlockte. Der Kontrabass wird von dem - durch fast nichts aus der
Ruhe zu bringenden - Dietmar Fuhr gezupft und gestrichen. Er bildet
damit das musikalische Fundament, auf dem die Improvisationen der
oft eigenwilligen Themenvorgaben ausgelebt werden. Immer wieder
versetzen Solos das Publikum in spontane Begeisterungsstürme. Der
Münchener Falk Willis gibt als Vertretung für seinen New Yorker
Kollegen die besten Empfehlungen am Schlagzeug. Wer bei diesem Jazz
auf harmonische Melodien hoffte, war selbst Schuld. Dieses
Feuerwerk kreativen Jazzes war eben ein Hörerlebnis besonderer Art,
das für "radio kultur" von SFB und ORB in dieser heißen Eberswalder
Nacht live mitgeschnitten wurde. Die Samstagnacht stand im Zeichen
des begnadeten Schlagzeugers Paul Lovens, der in dieser Woche
seinen 50. Geburtstag feiert. Er hat sich aber eine geradezu
jungenhaft-erfinderische Spielart erhalten, der er bereits seit
seinem 14. Lebensjahr frönt. In Eberswalde scharrt sich bereits ein
kleiner Fankreis, der mit dem Aachener feierte. Mit dem Australier
Tony Buck lieferte er sich das seltene Vergnügen eines
Schlagzeugs-Duos. Die Bühne glich einer Tonfabrik: alles, was
irgendwie Geräusche erzeugen kann, wurde eingesetzt: Kuchenbleche,
Zahnräder, Drahtbürsten, Metallfedern, Blechstreifen und natürlich
- der Fuchsschwanz. Lovens entwickelte eine besondere Vorliebe zu
diesem Werkzeug, bestreicht es mit einem Bogen und entlockt ihm
damit schöne, zuweilen schrille Töne. Buck hingegen bastelt gern
mit der Elektronik, baut beim dritten Stück ein Refugium aus
bereits gespielten Tönen. Daß er einige Geräusche hierbei einfach
umdrehte, verlängerte oder verkürzte, brachte für die Hörer und
Lovens im intensiven musikalischen Dialog nur Freude. ...."
(Steffen Bohl)
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